zurück zur Briefübersicht

 

   

AN FRIEDRICH WILHELM HITZIG

   

4ta Calend. Pisteos. [4. Nov. 1809]         

Hörst du die Schwingen der Zeit?
Siehst du die Cyklen
sich um den Webbaum des Nimmerseyns wicklen,
stets fliehn das seelige Heut?
O Lieber!
Warum hast du vernagelt den Schieber
nd schauscht nicht aus deiner heimlichen Claus
ein Stündlein zu deinem Parmenis heraus.
Ich komme! da bin ich!
Und hau' ihn entzwey mit dem Hieber.
Alle Hagel!
Hier ein Fetzen!
Dort ein Nagel!
dein Entsetzen
mag mich wundersam ergetzen.

Auch hier o Zenoid. gibts Fetzen und Entsetzen und Ergetzen, ie höher sich nach und nach der Deckel lüpft, der auf der neuen Organisation ligt. Herzog ist wieder eigenhändig vom E.[rz] G.[roß] H.[erzog] eingeladen als Staatsrath hier. Die Studiencommission, die so thätig und wohlthätig war wird warscheinlich aufgelöst. Wenigstens hat Brunner bereits die Weisung seine Pfarrey (Ottenheim) wieder zu beziehen. Auch Walz, Volz, Kühlenthal und Abegg werden als geistliche Räthe wahrscheinlich außer Aktivität gesezt. Stößer ist das Factotum. Brauer und Benzel wissen und erfahren nichts, nicht einmal was ihre Person angeht. Letzterer sagt man, soll Hofrichter in Mannheim werden. Die Pfälzer, scheint es werden überall zurückgeschoben. Viel gutes wird geschehen, viel Unkraut wird der Teufel unter den Waizen säen.

Morgen geht wieder ein anderer aus
und rauft mit dem Unkraut den Waizen aus
zerschlaget den Kopf, und tödet die Laus.

Es blüht mir eine neue allemanische Schülerin Mad. Eslär von Mannheim. Ihren Mann einen der ersten Schauspieler daselbst kennst du vielleicht, wenn du im Krieg (unter uns gesagt) den Grav Khevenhüller gesehen hast. Ich kann in gewißen Momenten innwendig in mir unbändig stolz werden, und mich bis zur Trunkenheit glücklich fühlen, daß es mir gelungen ist unsere sonst so verachtete und lächerlich gemachte Sprache classisch zu machen, und ihr eine solche Celebritat zu ersingen. Sie ist nun gekannt wird geliebt und studirt wo Deutsche sind, in Paris, in Rom, in Warschau in Petersburg. Sie wird auf den ersten Theatern, in Wien, München, Carlsruhe, Frankfurt in den Deklamatorien mit Beyfall gehört, und wandert nun mit Mad. Hendel nach Bremen, Hamburg und Petersburg. Letztere wählt folgende Stücke und rangirt sie ihrem Werth nach so: der Carfunckel, der verliebte Hauensteiner, Hans und Verene, d. Morgenstern, der Winter, die Mutter am Christabend, die Marktweiber.

Bald wird noch mehr geschehen. Sie verlangt, daß ich ein Sujet zu einem allem. Nachspiel bearbeite, wozu ich dich brauchen könnte. Ich bedarf dazu eines Gespenstes ungefähr wie Rübenzahl. Kennst du keinen dergleichen. Es muß ein Nationalgespenst seyn, weil der Dialekt fordert, daß die Scene dort sey, wo er gesprochen wird. Weist du keine Data vom Schüttigeist, den ich nur dem Namen nach kenne. Oder soll ich den Denglengeist um die Bemühung bitten, mitzuspielen? Er ist nur schon oft da gewesen und in der neuen Iris so umgeschaffen in einen Engel des Lichts, daß ich ihn fast nit mehr brauchen kann.

Iezt o Lieber
wenn du kommst, so schließ den Schieber
Stopfst du alte Strümpfe ein
Werf ich Schwefelbrände drein.

Ewig mit Bruderliebe                                   Der Eurige      H.

 

Mad. Eslär und ihr Mann spielen heute in der Braut von Messina und gehen morgen wieder. Ich habe mich mit Räthseln losgekauft.

 

 

  zurück zur Briefübersicht

 

nach oben