50 Jahr Baden-Württemberg

Werfen wir aus diesem Anlass einen Blick zurück und lassen den Altbürgermeister von Hausen, Karl Heinz Vogt zu Wort kommen:

Vergangene zeitgeschichtliche Ereignisse in Erinnerung zu rufen, zu kommentieren oder gar zu werten, ist auch eine Frage der zeitlichen Distanz: Vieles wird man heute anders sehen als vor 51 Jahren, bei der Volksabstimmung am 9.12.1951 über die Bildung des "Südweststaates". Noch nie waren bei der Argumentation pro und contra Himmel und Hölle so nah beieinander wie seinerzeit im Badischen. Doch die Zeit heilt Wunden - auch die bei uns in Alt-Baden um 1951 entstandenen.
Beim Rückblick auf die Entstehungsgeschichte von Baden Württemberg ist es durchaus sinnvoll, sich mit dem oft besungenen schönsten Land in Deutschlands Gauen, dem Badenerland zu befassen. Durch Napoleons Dekret entstand zwischen 1803 und 1806 das Großherzogtum Baden und Markgraf Karl Friedrich wurde Großherzog. Die ehemalige Markgrafschaft Baden stellte im Großherzogtum nur etwa ein Drittel der Fläche und rund ein Viertel der Einwohnerschaft - trotzdem erhielt Markgraf Karl Friedrich die Großherzogswürde. Mit dieser Entscheidung wurde seine fortschrittlich-liberale Persönlichkeit hervorgehoben und vielleicht damals der Grundstein gelegt für das Prädikat, auf das Baden stolz sein darf - den Wertbegriff: "Musterländli". Mustergültige Verwaltung und eine mustergültige Gesetzgebung waren die Grundlagen. 

Baden als Land bestand bis zum Kriegsende 1945 und genau sieben Jahre nach dem Einmarsch der Franzosen am 25.4.1945 wurde am 25.4.1952 der Südweststaat gegründet. Ein Jahr zuvor, am 25.4.1951 hatte die Badische Regierung unter Staatspräsident Leo Wohleb Verfassungsklage beim neu geschaffenen Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegen das Neugliederungsgesetz erhoben, doch schon im Oktober 1951 wurde das Gesetz im Wesentlichen bestätigt. Juristisch war somit Baden "gestorben" - auch wenn die Abstimmung in den Ländern noch ausstand. Die Trennung in einen amerikanischen und französischen Sektor erfolgte durch eine Linie südlich der Autobahn Karlsruhe-Stuttgart-Ulm, wobei der nördliche Teil unter einer einzigen (amerikanischen) Verwaltung stand, während der südliche getrennt in einem badischen und einem württembergisch-hohenzollerischen Teil französisch verwaltet wurde. 

Am 9. März 1952 wurde der Südweststaat von einer vom Volk gewählten verfassungsgebenden Landesversammlung in Stuttgart gegründet. Die Ehe Baden-Württemberg war keine Liebesheirat, sondern eine Vernunftehe. Die Zuneigung, Liebe und Treue mehrten sich im Laufe der Jahre und nur ein paar Wenige meinen, dem Badischen Meidli werde in Stuttgart zu wenig Haushaltsgeld gegeben. Bis zu diesem Datum war es ein langer holpriger und steiniger Weg und es gab ein Ergebnis, das eigentlich schon vorher absehbar war, nämlich die Niederlage der "Badener", besser gesagt der "Altbadener". Es gab Sticheleien, Anfeindungen und harte Auseinandersetzungen im Kampf "Baden oder Südweststaat". Der spätere Regierungspräsident Dr. Person stellte einmal treffend fest: In Baden-Württemberg gibt es drei Regierungsbezirke und SÜDBADEN! Er meinte damit die "Sondergeige", die Südbaden im Quartett der vier Regierungspräsidien spielte. Der Wahlkampf um die entscheidende Abstimmung am 9. 12. 1951 bescherte uns eine Flut von Plakaten und Wahlveranstaltungen. An ein Plakat kann ich mich noch besonders erinnern:
  
Es zeigte Reinhold Maier in einer Badehose. Text: Der Maier will baden ... !
  
Farbenprächtig und aussagekräftig waren sie, die Plakate von damals: Zwei Streithähne, richtige Güggel: So geht's nicht weiter -  Darum Südweststaat.
  
Ein Trachtenpaar: Treu der Heimat - Baden unsere Stimme!
  
Aus heutiger Sicht zukunftsweisend war ein Plakat mit einem Bannerträger: Vereintes Europa? Der erste Schritt SÜDWESTSTAAT.
  
Eine Kuriosität von damals: Beim Wühreloch, zwischen Mambach und Fröhnd war an der Halde mittels Dünger im Herbst 51 deutlich zu lesen: SÜDWESTSTAAT. Ein Autofahrer war so irritiert von dieser Botschaft, dass er geradeaus fuhr und in der Wiese landete.

(Süd)Baden bleibt sich in seiner Ablehnung treu, gesamthaft gibt es aber eine breite Zustimmung von 69,7 % für ein gemeinsames Bundesland. Ein neuer Kampf entbrannte um den Landesnamen: Am 9.12.51 war der "vorläufige" Landesname Baden-Württemberg. Ein Vorschlag: Baden-Württemberg-Hohenzollern war zu lang und die Abkürzung passte auch niemand: BaWüHo. In Württemberg war größtenteils der Name Baden-Württemberg unerwünscht. Das neue Land sollte SCHWABEN heißen. Die Stuttgarter Zeitung machte sich dafür stark (16.7.52): Doppelnamen wären etwas "Provisorisches ... wir aber wollen etwas Bleibendes, Endgültiges, das in der Vergangenheit wurzelt, zugleich lebendig ist..." Schließlich seinen nur zwei der Sieben Schwaben Badener gewesen.
 
Die Badischen Neueste Nachrichten kontern am 19.7.52: Man könne nicht ungeschickter vorgehen als dadurch, als dass man neben den stolzen "Urschwaben" den grollenden "Beuteschwaben" oder den "Muss-Schwaben" stelle. Der MANNHEIMER MORGEN warnte am 18. 8. 52 vor dem Phänomen des "Muss-Schwaben" und verwies darauf, dass die Kurpfalz mit Schwaben nichts zu tun habe. Im Verfassungsausschuss wurde am 1.9.52 über Name und Landeswappen eifrig diskutiert, so über z.B. die Variante Württemberg-Baden. Beim Stichentscheid nach drei Abstimmungen obsiegte "RHEINSCHWABEN". Die Entscheidung der Namensfrage fiel erst in der 3. Lesung am 4. Nov.1953: 21 Stimmen für Württemberg-Baden, 85 Stimmen für Baden-Württemberg. Somit wurde die im Überleitungs-Gesetz verwendete Bezeichnung zum endgültigen Landesnamen erhoben.

Was gibt es nach 50 Jahren noch als Merkmale des Unterschieds zwischen den Badenern und den Württembergern?
Bei den Fußballfreunden: Wer spielt wen an die Wand, 
der VfB Stuttgart oder der SC Freiburg?
Kenner trinken Württemberger - 
die Andern den badischen Wein, von der Sonne verwöhnt.

Ein Plus zeigt sich doch für unser Baden: Die Württemberger haben keine Bad. Staatsbrauerei Rothaus und auch keinen Badischen Bahnhof - nur Stuttgart und das Schwabenbräu - und den Gaisburger Marsch, auf den wir gern verzichten bei Badischem Ochsenfleisch mit Beilagen.

Zwei kleine Dinge sind es nur, die uns trennen und auch immer trennen werden: das li und das le, z. B.: Schätzli und Schätzle, sodeli und sodele - und natürlich der Bindestrich zwischen Baden & Württemberg.
  
Wir alle, Gegner und Befürworter des Südweststaates, dürfen stolz sein auf den geglückten Familienverbund, aber auch auf unseren Platz und unsere Stärke innerhalb der 16 Bundesländer Deutschlands, mitten in Europa. Der Rhein ist keine Grenze mehr, sondern Bindeglied in einem größer werdendem Staatenbündnis in einem freien Europa. Ich denke in diesem Zusammenhang an das Plakat von 1951 das ich vorher schon erwähnt habe: Vereinigtes Europa ? Der erste Schritt SÜDWESTSTAAT.

Es ist Tatsache geworden. Wünschen wir uns,  dass B-W weiterhin ein starkes, traditionsreiches, liberales Bundesland in Deutschland ist und uns allen, Württembergern und Badenern eine gemeinsame liebenswerte Heimat schenkt. Wir können alles [:-)] - vor allem gut und fröhlich feiern - uns das wollen wir gemeinsam tun, denn wir haben viele und gute Gründe dafür.