Schwarzes Gold vom Kohlplatz

Mit der trockenen Destillation wird dem Holz Wasser, Holzgeist und Holzteer entzogen

Die wichtigste Energie für die Hammerwerke und den Schmelzofen neben der Wasserkraft: die Holzkohle zum Einschmelzen der Erze und zum Ausschmieden des Roheisens.

Ihr Berufsstand ist in Westeuropa nahezu ausgestorben, dennoch sieht man sie im Schwarzwald und anderswo noch vereinzelt ihr Handwerk ausüben: Die Köhler, die einen dampfenden, schwarz glänzenden Meiler versorgen. Das Produkt der Köhlerei: die Holzkohle.


Sie wird heute schneller und günstiger in Industriekesseln hergestellt. Doch ist der Reiz, sie wie in den vergangenen 1000 Jahren im Wald zu produzieren, ist noch nicht gänzlich erloschen, zumal sich hier in einmaliger Weise die schwarze Kunst der Gewinnung des „schwarzen Goldes" in unveränderter originaler Handwerkskunst und Technik demonstrieren lässt.


Wer einen Stoff verkohlen will, das wissen die Köhler, muss ihn durch Wärme so zerlegen, dass der in ihm gebundene Kohlenstoff frei wird. Chemisch ist es das Verfahren der trockenen Destillation, das seit Jahrhunderten im Wald angewendet wird. Unter einem luftdichten Mantel von grünem Reisig, Erde und Kohlenstaub wird das Holz gezündet, aber nicht verbrannt. Die gezielte Sauerstoffzufuhr bringt den Meiler schließlich auf die gewünschte Temperatur. Bei 150 Grad entweicht dem Holz hauptsächlich Wasserdampf. Mit steigender Hitze verflüchtigen sich ebenso andere gasförmige Stoffe wie Holzgeist und Holzessig. Schließlich wird der Holzteer freigesetzt. Zurück bleibt Kohlenstoff, der klingelhart ist und gläsern klirrt: die Holzkohle.
Bis zu 25 Kilogramm Holzkohle können aus 100 Kilogramm Holz gewonnen werden.


Der Kohlplatz ist eine runde, ebene Fläche mit einem Durchmesser von 15 bis 20 Metern, in deren Nähe ein Bach fließt. Dort wird auf feinem Holzrost der Meiler aufgebaut: mit hochkant aufeinander stehenden Spalthölzern beim Pyramidenmeiler, oder längs übereinander gelagerten Hölzern beim Flachmeiler. Das dicht zusammenstehende Holz wird rundum mit Laub oder Grünreisig sowie der Lösch - dem Gemisch aus Erde und Kohlenstaub eines früheren
Meilers - zugedeckt.

Pyramidenmeiler


Ist der Aufbau luftdicht verschlossen, wird die Verkohlung mit dem Einfüllen von glühender Kohle in einen Füllschacht begonnen. Bald steigen aus den kleinen, vom Köhler in den Mantel gestochenen Luftlöchern weiße Rauchfahnen auf - das Betriebszeichen des Meilers. Von oben senkt sich bei den Pyramidenmeilern der Verkohlungsprozess nach unten,bei den längsförmigen Flachmeilern „brennt" das Holz von vorne nach hinten.

Schon nach einigen Tagen des Vorwärmens steigen die Temperaturen im Meiler bis auf
400 Grad an. Die Farbe und der Geruch des Rauches zeigen dem Köhler, in welchem Stadium sich die Verkohlung befindet. Rund drei Wochen lang muss er Wetter und Erhitzung beobachten. Ein Platz zum Schlafen war deshalb früher meist in der Nähe. Droht ein Sturm, muss der Köhler auf der Hut sein: reißt der Wind größere Luftlöcher in den Mantel, kann der Meiler, bedingt durch die schlagartige Luftzufuhr, sogar explodieren.
Verläuft der Verkohlungsprozess jedoch normal, so erreicht die Hitze endlich den Holzrost eines Pyramidenmeilers - er sackt zusammen - oder das hintere Ende des Flachmeilers. Nun kann mit dem Ausziehen der Holzkohle begonnen werden. Sie bringt an den Tag, was den Meister lobt – oder ev. auch nicht. Das mit einem mehrzinkigen Karst (eine Mischung aus Heugabel und Rechen) herausgezogene „schwarze Gold" wird neben dem Meiler zur Abkühlung gelagert, bis es in Säcken verpackt oder auf Wagen verladen abtransportiert wird.      

Badische Zeitung, 27. Juni 1985, Original-Text: Wolfgang Adam

Für die Website bearbeitet: H. Baumgartner