Die Wiesentalbahn

Die Wiesentalbahn und Hausen ein kurzer Abriss der Geschichte

Im Jahre 1854 erreichte das neue Verkehrsmittel des 19. Jahrhunderts, die Eisenbahn, von Mannheim und Karlsruhe her kommend das Rheinknie und Basel. Die Fortführung der Strecke zum Bodensee erfolgte im unmittelbaren Anschluß - auch wenn einige Zeit verging, bis man sich in Baden und in der Schweiz mit der Situation arrangiert hatte, dass ein zentraler Bahnhof der Großherzogl. Bad. Bahn auf exterritorialem Gebiet zu liegen kommen sollte. Um nicht ins Hintertreffen bzw. in einen "Bahnschatten" zu geraten, bemühten sich die Gemeinden, insbesondere aber die Industrie des Wiesentals, das nach Basel hinführt, um einen Anschluss an die Ober- & Hochrheinstrecke sowie eine Bahn das Tal erschließende Bahnlinie. Da die leeren Kassen des Großherzogtums den Bau einer Staatsbahn nicht zuließen, wurde 1860 mit einem Gesetz die Voraussetzung dafür geschaffen, dass erstmals in Baden ein privates Komitee ein Bahnlinie errichten durfte.

Schon 1862 war es so weit. Am 10. Mai, dem Geburtstag Johann Peter Hebels, zog eine Lokomotive namens »Hebel« den ersten regulären Zug - bis nach Schopfheim!
 
Das Vorhaben, die Bahn über Schopfheim hinaus weiter zu führen, war zunächst nicht zu verwirklichen, doch die Unternehmer und Gemeinden des oberen Wiesentals gaben nicht auf. Ein Gründungskomitee erhielt 1872 die Erlaubnis zur Fortsetzung der Bahn bis Zell. Schwierig wurden die Bauarbeiten besonders ab Hausen -  zwischen der Wiese und den ersten Schwarzwaldbergen.
Erst am 5. Februar 1876 brachte daher die Lokomotive »Hohentwiel« den Eröffnungszug über Hausen nach Zell. Dort begrüßte ein Spruchband die Fahrgäste: »Durch Kampf zum Dampf, durch Dampf zum Licht, durch Licht zum Frieden.«
Diese Worte spiegeln auf ihre Art die Hoffnungen und Erwartungen der Bevölkerung wider.

1889 eröffnete eine Privatgesellschaft eine Schmalspurbahn von Zell nach Todtnau, damit war das Wiesental soweit als möglich bahntechnisch erschlossen.

Der tatsächliche Betrieb der Vollspurstrecke Basel-Zell lag von Anfang an in Händen der Badischen Staatsbahn und 1890 erwarb sie alle Anlagen der Strecke Schopfheim-Zell von der Gründungsgesellschaft. Beide Bahnstrecken fanden einen beachtlichen Zuspruch, denn sie belebten die Landwirtschaft und die schon vorhandene Industrie. Rohstoffe wurden schnell herangeschafft und fertige Erzeugnisse konnten auf ferne Märkte gebracht werden. Doch mit der Zeit nahm der Personenverkehr einen größeren Aufschwung als der Gütertransport (Bilder aus der "Dampfzeit" in Hausen existieren leider keine).

Schon um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert befasste die Badische Staatsbahn sich mit der Elektrifizierung von Bahnstrecken. Unter Ausnutzung der für die Energielieferung vorhandenen reichlichen Wasserkräfte des Hochrheins und des Schwarzwalds fiel die Wahl auf die das Wiesental und von 1890 ab auch das Wehratal durchfahrende dampfbetriebene eingleisige Bahn. Als Stromart wurde in Übereinstimmung mit den Bayerischen und Preußischen Staatsbahnen Einphasen-Wechselstrom von 16 2/3 Hertz bei 15,5 kV gewählt. Der Strom wurde von dem im Herbst 1912 in Betrieb genommenen Wasserkraftwerk Wyhlen bezogen, nachdem dieser im Umformerwerk Basel von Drehstrom in Bahnstrom umgewandelt war. So schrieb die Wiesentalbahn 1913 Bahngeschichte  - als erste reguläre Strecke Badens (und Deutschlands) wurde sie vollständig elektrifiziert.

Sie wurde dadurch quasi zur Versuchsstrecke für die mit Hochdruck in Angriff genommene Elektrifizierung weiter Teile des deutschen Bahnnetzes. Damit kamen auch die ersten elektrische Lokomotiven ins Wiesental, zunächst als Einzelstück eine badische A1, kurz darauf die badischen Baureihen A2 und A3. Ab 1920 setzte man speziell für den Güterverkehr die Baureihe E 70 ein. Seit 1930 wurden insbesondere die eindrücklichen Exemplare der Baureihe E 71 auf die Wiesentalbahn umgesetzt - sie prägten, von der Bevölkerung liebevoll "Glettiise" (Bügeleisen) getauft, bis zum Jahre 1958 das Erscheinungsbild. Ab 1935 erhielt unsere Strecke (zum letzten Mal) neueste Triebfahrzeuge und Wagen, die geräumigen und schönen elektrischen Triebwagen ET 25. Seinerzeit hielten in Hausen übrigens noch gleichzeitig Züge in beiden Richtungen. Doch während des 2. Weltkrieges teilte die Reichsbahn die Wende-Triebzüge und verbrachte die Waggons mit den Stromabnehmern in den Stuttgarter Raum, die restlichen Wagen wurden durch die E 71 sowie 7 Loks der österreichischen E 33 gezogen. Nach dem 2. Weltkrieg festigte die Wiesentalbahn erneut ihren Ruf als »Freilichtmuseum der Eisenbahn«. Diese  Bezeichnung geht schon auf die 20-er Jahre zurück und ist ein treffender Ausdruck dafür, dass auf unserer Strecke die verschiedensten, meistens veralteten Loks und Waggons fuhren. Vor allem in den letzten 50 Jahren kamen vermehrt Kompositionen zum Einsatz, die man auf anderen Strecken längst ausgemustert hatte. So erfolgte der Ersatz der E 71 durch die auch schon ca. 30 Jahre alten Elektroloks der Baureihe E 32, sie wurden Ende der 60-er Jahre wegen Altersschwäche und Verschleiß aus dem Verkehr gezogen. Anschließend trugen die "Kleinen Krokodile" E 44 die Hauptlast des Verkehrs, bis auch sie 1979 dem Zahn der Zeit Tribut zollen mussten. Um 1965 kamen einige elektrische Triebwagen der Baureihe ET 85 zur Wiesentalbahn - diese hatten auch schon rund 40 Dienstjahre abgeleistet. Im Zuge des Wirtschaftswunders machten LKW und PKW der Bahn in steigendem Maße Konkurrenz - Güter und Fahrgäste wanderten vor allem aufgrund miserablen Rollmaterials und unattraktiver Fahrpläne ab auf die Straße.

1967 wurde die Schmalspurbahn Zell- Todtnau stillgelegt. Der neue Bahnbus von Basel nach Todtnau, der von Lörrach bis Zell teilweise zeitgleich zur Bahn fuhr, drückte die Fahrgastzahlen weiter. Von allen Bahnhöfen des Wiesentals blieb zudem nur noch der Güterbahnhof Lörrach für den Stückgutverkehr zugelassen. Erst mit dem Taktverkehr und den mit der Baureihe E 41 bzw. E 141 bespannten Wendezügen ist es seit 1979 gelungen, den Abstieg zu bremsen, ja sogar Fahrgäste zurückzugewinnen. In den späteren 90-er Jahren wurden die immer anfälliger werdenden E 141 durch die modere Baureihe 143 aus der ehemaligen DDR ersetzt - dies waren die vorerst letzten deutschen Fahrzeuge.

Wirklich bergauf geht es nun seit dem 15. 6. 2003: die Wiesentalbahn ist als Linie S6 Teil der Regio-S-Bahn mit einem neuen Konzessionär - den SBB (Schweizerischen Bundesbahnen), die zunächst die seit 10 Jahren in der Schweiz bewährten - und beliebten - Nahverkehrs-Pendel-Züge RBDe 561 einsetzten.
Seit Februar 2006 wird nun die neueste Generation zeitgemäßer, moderner und attraktiver S-Bahn-Züge eingesetzt:die RABde 521 - "Flirt", ergänzt durch einen kundenorientierten Fahrplan, attraktive & ebenerdige Haltestellen sowie eine behindertengerechte Ausstattung. 

Das Schicksal des Hausener Bahnhofs

Schon vor seiner Errichtung war der Bahnhof Hausen- Raitbach umstritten. Es ging um die Lage und die Verteilung der anfallenden Kosten. An eine Linienführung durch Hausen ist von Seiten der Planer nie ernstlich gedacht worden und schließlich kam der Bahnhof gerade eben noch auf der, seinerzeit noch selbstständigen, Gemarkung Raitbach zu stehen. Die Gründungsgesellschaft errichtete einen Mini-Personenbahnhof, dem erst 1893 ein länglicher Anbau hinzugefügt wurde, der vor allem den Warteraum enthielt. Seit 1890 wurden auch Güter abgefertigt - jedoch erst 1908 wurde eine brauchbare Güterhalle geschaffen. Nach Meinung der Bahn blieb das Güteraufkommen am Bahnhof Hausen-Raitbach bescheiden - seit vielen Jahren wird kein Stückgut mehr abgefertigt. Aber auch mit dem  Personenverkehr war die Bahn lange unzufrieden - obwohl sie wenig tat, um die Attraktivität zu steigern. Während vieler Jahre hatte zudem meist nur ein Beamter auf dem Bahnhof Dienst. Für ihn war die Arbeit ein Geschicklichkeitsturnier: als Bahnhofsvorstand handeln, Züge abfertigen, Schranken bedienen, telefonische Auskünfte geben, den Schalter besetzt halten - das alles fiel häufig gleichzeitig an. Heute ist der Bahnhof »aufgelassen« und nur noch ein Haltepunkt mit Fahrkartenautomat. Das Kreuzungsgleis wurde von der Bahn - »um Betriebskosten zu sparen« (!?) - schon vor vielen Jahren ausgebaut. Die Bahnhofsgebäude sind verkauft - das Hauptgebäude wurde zum Wohnhaus, in der ehemaligen Güterhalle hat sich eine KFZ-Werkstätte etabliert, lediglich der Bahnhofskiosk blieb erhalten.

nach der Orts-Chronik sowie weiteren Quellen